8. December 2024

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18.09.2004

Krach im Unterhaus

Wie ein Gesetzantrag der Regierung zu ungewohnt heftigen Kontroversen im House of Commons und fast zur Verfassungskrise führte

von Owen Sinclair

Aldenroth · In der vergangenen Woche brachte die Regierung Ihrer Majestät einen Entwurf in das Unterhaus ein, der die ersatzlose Streichung zahlreicher Gesetze vorsah, darunter Regelungen zur Drogenpolitik, zum Schul- und Hochschulwesen. Die Zuständigkeit für einige dieser Bereiche soll zukünftig den mit neuen Kompetenzen ausgestatteten albernischen Regionen zufallen. Sämtliche der zu streichenden Gesetze waren unter Federführung der bis Juni diesen Jahres amtierenden Labour-Regierung entstanden, an der zuletzt auch die Conservative Party beteiligt gewesen war. Entsprechend ablehnend reagierte die nunmehrige Opposition aus Labour und Conservatives und würzte ihre Argumente mit ungewohnter Polemik und unsachlichen Rücktrittsforderungen.

In dieser Situation zeigte die aus Vertretern von Regionalist Movement und Liberal Democrats gebildete Regierung Nerven: Statt auf die Kritik der Opposition weiter einzugehen, stellte sie kurzerhand "keinen weiteren Diskussionsbedarf" fest und beantragte ein vorzeitiges Ende der Aussprache: Die Geschäftsordnung des Unterhauses erlaubt es, Diskussionen per Mehrheitsentscheid abzukürzen - im Allgemeinen freilich erst dann, wenn die Debatte tatsächlich beendet ist. In helle Empörung versetzte es schließlich die Oppositionsabgeordneten, als die Regierung versuchte, eine parallel ablaufende Diskussion zu einem formalen Änderungsantrag auf gleiche Weise vorzeitig zu beenden.

Aus Protest gegen dieses Vorgehen und die allgemeine Politik der Regierung legte daraufhin The Rt Hon Samuel Grey, Abgeordneter der Conservatives, sein Parlamentsmandat nieder. Die auch während der Auseinandersetzung gewahrten höflichen Umgangsformen im Unterhaus mögen letztlich dazu beigetragen haben, dass die Debatte wieder auf ein sachlicheres Niveau gebracht werden konnte. Opposition und Regierung einigten sich inzwischen darauf, die laufenden Diskussionen fortzuführen.

Dennoch stellt sich nun, ohne dies der amtierenden Regierung unterstellen zu wollen, eine allgemeine Frage: Kann das Instrument der vorzeitigen Aussprache-Verkürzung von einer böswilligen Parlamentsmehrheit dazu missbraucht werden, sämtliche Debatten im House of Commons vorzeitig abzuwürgen und so die Opposition vollständig mundtot zu machen? Das politische System Albernias kennt keine geschriebene Verfassung und kann daher schon durch einfache Mehrheitsentscheide verändert werden - ein hohes Maß an politischer Vernunft und die Einhaltung jahrhundertealter ungeschriebener Regeln sorgte stets dafür, dass dieses System funktionsfähig blieb. Die Vernunft aller Beteiligten wird uns wohl auch in Zukunft vor dem Missbrauch der parlamentarischen Geschäftsordnung schützen.

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